Kreisreform 2008 – außer Spesen nichts gewesen

Was hat die Funktional- und Kreisgebietsreform 2008 bisher gebracht?

Am 1. August 2008 startete der Landkreis Görlitz mit vielen Visionen und schönen Versprechungen. Ziel war es, durch Personalabbau, Verwaltungskonzentration und Synergieeffekte Kosten zu sparen, da der Landkreis künftig über weniger Geld und Menschen verfügen würde.

Natürlich sollte es keine Abstriche an der Qualität und Bürgernähe der Verwaltung geben. Nach fast 5 Jahren sollte da schon etwas zu merken sein, dachte sich die Linksfraktion im Kreistag Görlitz und fragte nach.
Auf 23 Seiten steht nun das Ergebnis. 13 Seiten beschreiben die übernommenen Aufgaben vom Land, z.B. im Umweltfachbereich und Denkmalschutz, im Vermessungsamt, Planung und Bau von Kreisstraßen, Vollzug von Bundes- und Landeserziehungsgeld, Agrarstruktur und Landpacht, ländliche Entwicklung – um nur einiges zu nennen. Dafür sollten 373 Personen in Vollzeit zum Kreis wechseln, aber nur 275 kamen auch an. Könnte man sagen – Ziel Personaleinsparung erreicht. Doch wie sieht es mit Qualität und Bürgernähe aus? Da liegt wohl einiges im Argen, wie man in der SZ vom 4. April lesen musste. Da rutschen Wildfleischproben mit Trichinen durch, liegen Anträge von freien Trägern der Jugendhilfe monatelang unbearbeitet auf den Amtstischen oder fehlt die nötige umweltfachliche Kontrolle in der ETU in Bernstadt. Das sind nur einige Folgen der personellen Unterbesetzung bzw. hohen Krankenstandes in den Ämtern.
Im April wird das neue Landratsamt in Görlitz in Betrieb genommen, 18 Mio. Euro hat der Bau gekostet. 300 Mitarbeiter/innen ziehen dort ein. In Löbau wird es eine weitere Verwaltungskonzentration geben. Andere Standorte werden dafür aufgegeben. Sicher können so Mietkosten gespart werden, aber dafür fallen Fahrtkosten an, von der Fahrzeit gar nicht zu sprechen. Unter dem Strich kann die Verwaltung vielleicht sparen, dafür zahlen Beschäftigte und Bürger/innen mit weiteren Wegen zu eigenen Lasten aber drauf. Außerdem fallen ganz andere Kostenfaktoren dem Kreis zur Last, die durch Verwaltungsumorganisation nicht zu beheben sind. Die soziale Struktur (immer mehr Ältere, immer mehr sozial Schwache, die auf Hilfe angewiesen sind) sorgt für steigende Kosten in diesem Bereich. So stiegen die Nettoausgaben für Sozialhilfe von 47 Euro pro Einwohner/in im Jahr 2005 auf 67 Euro 2010. Die Grundsicherung im Alter kletterte von 11 Euro pro Einwohner/in auf 18 Euro im Jahr 2010. Und weil das Geld hinten und vorn nicht reicht, wird jährlich die Kreisumlage erhöht: von 25% im Jahr 2005 auf sagenhafte 33,5% im Jahr 2013!

Wie auf weiteren 5 Seiten im Bericht aufgelistet, erhielt der Landkreis eine Anschubfinanzierung von 20 Mio. Euro und für übernommene Aufgaben vom Land einen Mehrbelastungsausgleich, der im Jahr 2009 17 Mio. Euro betrug und 2013 noch 15 Mio. Euro beträgt. Dazu noch einmal Bedarfszuweisungen von 10 Mio. Euro im Jahr 2009, die aber 2012 nur noch 2,6 Mio. Euro betragen.
Aber das alles konnte das Finanzloch des Kreises weder 2011 noch 2012 stopfen. Mit Ach und Krach wurde für 2013 ein ausgeglichener Haushalt verabschiedet, der am Ende sicher nicht aufgehen wird. Bezeichnend ist, dass im Bericht die Kostenseite exakt aufgelistet wurde, für die Erfolgsseite gibt es nur dürre Erklärungen.

So bleibt am Ende die Feststellung, dass die Kreisreform 2008 viel Geld, Unsicherheit und Nerven gekostet hat, aber bisher kaum positive Effekte gebracht hat. Im Gegenteil: die demokratische Mitsprache wurde weiter eingeschränkt, wie am Beispiel des Regionalen Planungsverbandes gezeigt. Waren es vor der Kreisreform 23 stimmberechtigte Kreisräte/innen so sind es jetzt nur noch 11 (!), die wichtige Weichen für die Entwicklung der Oberlausitz stellen. So löst man die Probleme aber nicht.

Sabine Kunze
Kreisrätin